Theater. Shakespeare. Romeo und Julia. Eine Laienschauspielgruppe. Diese Begriffe haben mich neugierig gemacht auf Andreas Izquierdos neusten Roman. Als absoluter Theaterfan war ich äußerst gespannt, was sich zwischen den Seiten von „Romeo & Romy“ wohl verbergen mochte.
Überrascht wurde ich von einer Geschichte, die weitaus mehr zu bieten hat als ein Liebesdrama mit Theater-Thematik.
![IMG_3780[1]](https://superlesehelden.files.wordpress.com/2016/05/img_37801.jpg?w=665&h=443)
Insel Taschenbuch / 499 Seiten / Klappenbroschur / Belletristik / 11. April 2016 / 14,99 €
• Verlagsseite • Leseprobe •
Der Inhalt
Romy könnte eine große Schauspielerin sein, aber niemand sieht sie, denn sie ist nur die Souffleuse. Aber auch das nicht lange, denn nach einem harmlosen Flirt mit Hauptdarsteller Ben, dessen einzige schauspielerische Glanzleistung sein Auftritt als »Frischedoktor« in einem Waschmittelspot ist, wird sie gefeuert. Und Ben kurz nach ihr.
Romy kehrt zurück in ihr winziges Dorf, um dort ihr Erbe anzutreten. Hier leben nur noch Alte. Und die haben sich in den Kopf gesetzt, rasch das Zeitliche zu segnen, denn auf dem Friedhof sind nur noch zwei Plätze frei. Wer da zu spät kommt, muss auf den Friedhof ins Nachbardorf. Und da gibt es – wie jeder weiß – nur Idioten.
Romy schmiedet einen tollkühnen Plan: Sie will mit den Alten ein elisabethanisches Theater bauen. Aus der gammeligen Scheune hinter ihrem Hof. Und mit ihnen Romeo und Julia auf die Bühne bringen. Sie haben kein Geld, keine Erfahrung, aber einen Star: Der »Frischedoktor« soll Regie führen! Ben ist begeistert: Regisseur! Das könnte unter Umständen der erste Job werden, den er nicht voll gegen die Wand fährt … (Quelle: Insel Taschenbuch)
Die Gedanken zum Buch
Als die junge Schauspielerin Romy ihre Anstellung am Dresdner Staatstheater verliert, verliert sie zunächst auch den Boden unter ihren Füßen. Die große Schauspielkarriere kann sie vergessen, und ein geregeltes Einkommen hat sie nun auch nicht mehr. Also zieht sie kurzentschlossen zurück in ihr Heimatdorf, schließlich hat sie dort den Hof ihrer verstorbenen Großmutter geerbt. Und schließlich lebt dort auch ihre „Großfamilie“ – die alten Dorfbewohner, die Romy allesamt zu ihrer Familie zählt und die Romy stets liebevoll unter ihre Fittiche genommen haben.
Auch diesmal lassen die alten Herrschaften ihre Romy nicht im Stich und unterstützen sie – zuerst skeptisch, dann umso tatkräftiger – beim Bau eines elisabethanischen Theaters, das aus Großmutters baufälliger Scheune entstehen soll. Doch was ist ein Theatergebäude ohne Schauspielgruppe, eine Bühne ohne Theaterstück?
Und wieder hat Romy die rettende Idee. Trotz vieler Widerstände motiviert sie ihre alten Freunde, die Bühne mit Leben zu füllen. Mit Hilfe von Ben, Romys chaotischem Kollegen, studieren sie ein echtes Drama ein – „Romeo und Julia“ von William Shakespeare. Natürlich findet das Drama dieses Romans nicht ausschließlich auf der Bühne statt, sondern spielt sich vielmehr jenseits des Theaters ab: in Form von Streitigkeiten, alten Schuldzuweisungen, Liebeskummer und Liebesaffären, Geldnöten, Krankheiten und Tod. An manchen Stellen hat der Autor es ein wenig mit den dramatischen Elementen übertrieben; etwas weniger Dramatik hätte der Geschichte meiner Ansicht nach nicht geschadet. Zum Glück hat Andreas Izquierdo aber große Portionen Humor in seinen Roman einfließen lassen, die für so manchen Lacher und unbeschwerte Lesestunden sorgen.
Müsste ich „Romeo & Romy“ zwei Attribute zuordnen, würden diese Herz und Humor lauten. Beide Begriffe beschreiben das Buch, wie ich finde, sehr gut. Denn die Beziehung, die Romy zu ihren Senioren hat, ist überaus herzlich – und wird ganz herzerwärmend vom Autor dargestellt. Die alten Herrschaften machen solch einen sympathischen und liebenswerten und goldigen und entzückenden Eindruck, dass man sie als Leser sofort ins Herz schließt. Und auch wenn ihre Schicksale oft tragischer Natur sind, verlieren sie dabei nie ihre Entschlossenheit und ihren Humor. Jeder der betagten Charaktere ist etwas Besonderes und besitzt eine ganz besondere Ausstrahlung, die die Geschichte um Romy und ihr Theater erst richtig zum Glänzen bringt. Die junge Schauspielerin mag zwar die Protagonistin des Buches sein, die eigentlichen Stars sind jedoch die kauzigen Dorfbewohner. Durch sie hat „Romeo & Romy“ eine Dimension gewonnen, die über einen gewöhnlichen Liebesroman hinausgeht – was ich persönlich als große Bereicherung beim Lesen empfunden habe. Wie übrigens auch die Tatsache, dass sich die Liebesgeschichte im Buch nur am Rande abspielt.
Selbstverständlich hat der Autor auch der Theater-Thematik ausreichend Inhalt gewidmet. So wird der Bau des elisabethanischen Theaters detailgetreu beschrieben und die Proben zu „Romeo und Julia“ werden ausführlich und lebendig dargestellt. Dass sowohl beim Bau des Theaters als auch bei den Proben so einiges schiefgeht und so manche Hürde überwunden werden muss, bleibt nicht aus. Dies trägt jedoch zur Spannung bei und gestaltet viele Szenen noch humorvoller.
Im Zusammenhang mit der Lektüre von „Romeo & Romy“ habe ich mir noch einmal – zum wahrscheinlich zehnten Mal – den Film „Shakespeare in Love“ angeschaut. Hier ist der große Dichter selbst der Protagonist, dem man beim Verfassen und Inszenieren seines Stücks „Romeo und Julia“ über die Schulter blicken kann. Außerdem bekommt man ein elisabethanisches Theater zu Gesicht, inklusive der Proben sowie der Aufführung von Shakespeares berühmtesten Werk. Ein sehenswerter Streifen, besonders in Verbindung mit Andreas Izquierdos Buch!
Der Autor
Andreas Izquierdo, geboren 1968, ist Schriftsteller und Drehbuchautor. Er veröffentlichte u. a. den Roman König von Albanien (2007), der mit dem Sir-Walter-Scott-Preis für den besten historischen Roman des Jahres ausgezeichnet wurde, sowie den Roman Apocalypsia (2010), der den Lovelybooks-Leserpreis in Silber für das beste Buch 2010 erhielt und zum Buch des Jahres bei Vorab-lesen.de gewählt wurde. Zuletzt erschienen von ihm die Bestseller Das Glücksbüro (2013) und Der Club der Traumtänzer (2014). (Quelle: Insel Taschenbuch)
Das Fazit
„Romeo & Romy“ ist ein zauberhafter und wunderschön erzählter Roman, der sowohl mitten ins Herz trifft als auch die Lachmuskeln beansprucht. Liebenswerte Charaktere inmitten einer herzerwärmenden Geschichte machen „Romeo & Romy“ zu einem wahren Lesevergnügen. Eine perfekte Lektüre zum Abschalten und Genießen.
Die Vernetzung
Ich habe „Romeo & Romy“ zusammen mit Anna von Buchstabenträumerei gelesen. Sie hat eine großartige Rezension zum Buch geschrieben. Schaut bei Anna vorbei – ein Besuch auf ihrem Blog lohnt sich!
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