Vor Kurzem habe ich mir ein Hörbuch angehört, das mich auf ganzer Linie überzeugt und angesprochen hat. Es ist die Audiofassung von Arno Geigers neustem Werk „Unter der Drachenwand“. Hier geht es um den jungen Soldaten Veit Kolbe, der im Kriegseinsatz verletzt wurde und sich bei einem Genesungsurlaub am österreichischen Mondsee – unter der Drachenwand – erholen soll. In dem beschaulichen Örtchen, das ebenfalls den Namen Mondsee trägt, setzt sich Kolbe mit seinen inneren und äußeren Wunden sowie mit den Kriegsgeschehnissen auseinander und kommt langsam zur Ruhe. Außerdem lernt er Gleichgesinnte kennen – wie den exzentrischen „Brasilianer“ und die freundliche Zimmernachbarin Margot -, die bald zu Freunden und Verbündeten werden.
Der „Brasilianer“ ist ein Freidenker, der Veit Kolbe in so manches herausfordernde und inspirierende Gespräch verwickelt. So vertritt er beispielsweise zur Rassentrennung eine Meinung, mit der er sich von der breiten (braunen) Masse des Naziregimes abhebt:
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„Wer bei der Einschätzung von Menschen Rasse zur obersten Kategorie erhebt, höher als jede andere menschliche Eigenschaft – Intelligenz, Geist, Takt, Talent -, gibt keinen Beweis seiner Überlegenheit.“
der „Brasilianer“
* Verlagsseite *
Die Buchausgabe ist im Hanser Verlag erschienen.
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Manchmal will es mir einfach nicht in den Kopf, wie es sein kann, dass man Menschen allein aufgrund ihrer Hautfarbe oder Rasse einschätzt, beurteilt und gar verurteilt. Früher und heute immer noch. Dann wünsche ich mir, wir wären blind – oder zumindest farbenblind – und würden unser Gegenüber auf diese Art kennenlernen, bevor wir uns ein Urteil bilden.
Jedenfalls habe ich mich sehr über die Figur des Brasilianers in „Unter der Drachenwand“ gefreut. Über sein „Dagegen-denken“, „Mund-aufmachen“, „Anders-sein“.
Ich wünsche euch eine wunderschöne Woche – mit „farbenblinden“ 😉 Begegnungen und farbenfrohen Momenten!
Herzliche Grüße,
Hallo Tina,
aus Unter der Drachenwand habe ich eine ganze Liste an Zitaten rausgeschrieben. Mein Favorit: „Man müsste sich einmal die Zeit nehmen und darüber nachdenken, ob nicht Selbstmitleid und Verächtlichkeit die eigentlich fatalsten Gefühlsgeschwister sind im Leben der Menschen“ (Arno Geiger, Unter der Drachenwand, S.348).
Schönen Abend noch!
Niamh
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Hallo Niamh,
Mir ging es auch so, dass ich bei diesem Hörbuch mehrere Zitate gefunden bzw. markiert habe – das, was du genannt hast, allerdings nicht. 🙂 Ist aber auch eine sehr schöne und „weise“ Aussage, danke dir fürs Teilen!
Ich werde mir „Unter der Drachenwand“ wahrscheinlich noch als Buch kaufen, da es mir so gut gefallen hat. Dann werde ich mir „dein“ Zitat auch noch mal anschauen.
Liebe Grüße
Tina
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