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Zitat zum Sonntag #91 aus: Gertrude grenzenlos

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Nach einer längeren Pause gibt es heute noch mal ein Sonntagszitat. Dies stammt – passend zum gestrigen Jubiläum „Dreißig Jahre Mauerfall“ – aus dem großartigen Kinderbuch beziehungsweise Hörbuch „Gertrude grenzenlos“ von Judith Burger.

Die Geschichte um die beiden Freundinnen Ina und Gertrude spielt in der DDR der späten siebziger Jahre. Als Gertrude frisch in Inas Klasse kommt, ist diese sofort fasziniert von ihrer neuen Klassenkameradin. Gertrude trägt Westklamotten, gehört nicht zu den Jungpionieren und verhält sich ziemlich auffällig – so ganz anders als die anderen Kinder. Obwohl die Eltern den Kontakt der beiden Mädchen verhindern möchten, werden Ina und Gertrude bald allerbeste Freundinnen. Freundinnen, die gemeinsam sowohl durch dick und dünn als auch durch den oft einengenden Alltag ihrer Republik gehen. Vor allem die freidenkende Gertrude hat es dabei nicht immer leicht. Nachdem ihre Eltern einen Ausreiseantrag gestellt haben, wird sie mehr und mehr in die Rolle der Außenseiterin gedrängt, das Leben in der Schule ist für sie ein täglicher Kampf. Doch wie gut, dass sie Ina hat, die ihr treu zur Seite steht – und ebenfalls kämpft: für ihre Freundschaft, für Gertrudes Integration und ihr „gutes“ Ansehen.

Ob es den Mädchen gelingt, ihre Freundschaft aufrecht zu erhalten und Gertrude Ruf zu retten, sei an dieser Stelle natürlich nicht verraten. Nur so viel: Eines Tages heißt es für Ina und Gertrude, Abschied zu nehmen. Und darunter leidet besonders die feinfühlige Ina. Sie ist verzweifelt. Schließlich gibt es da diese Mauer, die sie dann auf ewig voneinander trennen wird … Aber Gertrude macht ihrer Freundin Mut:

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GERTRUDE
Nichts bleibt, wie es ist, Ina. Alles dreht sich, rundherum. … Vielleicht gibt es auch für uns eine Chance. Vielleicht ändert sich irgendwas. Es ändert sich immer etwas auf der Welt, eigentlich andauernd.
INA
… Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Mauer jemals verschwindet. Wie denn auch? Niemand kann sie einfach einrennen. … Nur, wenn alle mitmachen, also alle Leute in der DDR, dann vielleicht. Aber wie soll denn das gehen?


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Aus heutiger Sicht könnte man zu Ina sagen: „Selbstverständlich geht das! Du wirst schon sehen, in ein paar Jahren werden die Grenzen geöffnet. Dann fällt diese Mauer. Dann sind wir alle grenzenlos. Und du kannst deine allerliebste Freundin wiedersehen.“ Ob die Menschen, die Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger in der DDR lebten, dies ebenfalls so sagen oder hoffen konnten? Meiner Einschätzung nach eher nicht. Ich denke, es ist einfach ein ganz großes Wunder, das sich im Jahr 1989 angebahnt hat und am 9. November geschehen ist. Eingeleitet durch das Neue Forum, die Friedliche Revolution mit den Montagsgebeten, durch Gorbatschows und Kohls Ein- und Mitwirken. Eingeleitet und ausgeführt von Tausenden DDR-Bürgern, die aufgestanden sind, die friedlich und laut zugleich ihre Stimme erhoben haben.

Die eigentliche Wende und der tatsächliche Mauerfall wird in „Gertrude grenzenlos“ nicht thematisiert. Vielmehr sind es das Leben und die Herausforderungen in der ehemaligen DDR, die Judith Burger anspricht und authentisch, lebensnah und teilweise sehr poetisch darstellt, und bei denen immer wieder ein deutlicher Hoffnungsschimmer aufblitzt. Und vor allem ist es die enge und echte Freundschaft zwischen zwei mutigen Mädchen, die dieses (Hör-)Buch so wunderbar, berührend und „liebenswert“ macht – nicht nur für junge Leserinnen und Leser ab 10 Jahren.

Ich wünsche euch einen wunderschönen Sonntag-Abend und eine grenzenlos gute Woche!

Herzliche Grüße von

Tina

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Zitat zum Sonntag #90 aus: „Die englische Freundin“ von Tracy Chevalier

 

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Vor einigen Wochen habe ich den Roman „Die englische Freundin“ von Tracy Chevalier gelesen. Die Autorin ist vielen wahrscheinlich bekannt durch ihr erfolgreichstes Werk „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“, in dem sie von der Beziehung des niederländischen Barock-Künstlers Johannes Vermeer zu seiner Dienstmagd erzählt.

Auch bei dem Titel „Die englische Freundin“ handelt es sich um einen historischen Roman – allerdings sind Schauplatz, Epoche und Thematik hier ganz andere: Die junge Quäkerin Honor Bright verlässt Mitte des 19. Jahrhunderts ihre britische Heimat, um in Amerika einen Neuanfang zu wagen. Doch schon zu Beginn ihres neuen Lebens muss sie einen harten Schicksalsschlag verkraften und tut sich außerdem mit der amerikanischen Lebensweise sowie den politischen Ansichten bezüglich der Sklavenfrage äußerst schwer. Weiterlesen

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Zitat zum Sonntag #89 aus: „Hotel Wunderbar“

 

book and penDas heutige Sonntagszitat stammt wieder aus einem Kinderbuch. Aus einem weihnachtlichen Kinderbuch, genauer gesagt. Die Weihnachtszeit liegt zwar seit einigen Wochen hinter uns, die Aussage dieses zauberhaften und herzerwärmenden Romans ist jedoch jederzeit aktuell.

Die Autorin Jutta Nymphius wurde zu „Hotel Wunderbar“, als sie sich im Fernsehen eine Reportage über Benjamin Ahmed, einen Hotelier aus Brüssel, anschaute. Herr Ahmed ist nämlich – wie Mika, der kleine Protagonist der Geschichte – sehr, sehr gastfreundlich: In den kalten Wintermonaten überlässt er die leer stehenden Zimmer seines Hotels Obdachlosen, die kostenlos dort übernachten dürfen. Weiterlesen

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Zitat zum Sonntag #88 aus: Michael Endes „Momo“

book and penKennt ihr Momo – das kleine Mädchen mit dem wilden Lockenkopf und dem großen Herzen? Das Mädchen, das ganz allein in einem Amphitheater wohnt und doch nie richtig allein ist, weil es jede Menge Freunde hat? Das Mädchen, das so gut zuhören kann und stets Zeit für jedermann und jedefrau hat?

Ich habe Momo bereits als Kind kennenlernen dürfen und sofort in mein Herz geschlossen. Schon als Kind habe ich sie bewundert – für ihre Unabhängigkeit und innere Stärke, ihre Warmherzigkeit und ihren Mut, als sie sich gegen die grauen Männer stellt, die den Menschen wertvolle Zeit stehlen. Weiterlesen

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Zitat zum Sonntag #87 aus: Tanz der Tiefseequalle

 

book and penAm vergangenen Freitag – am 12. Oktober 2018 – wurde auf der Frankfurter Buchmesse der Jugendliteraturpreis verliehen, in den Kategorien „Bilderbuch“, „Kinderbuch“, „Jugendbuch“, „Sachbuch“ und „Preis der Jugendjury“. Demnächst werde ich noch näher auf den Preis, die diesjährigen Preisträger und die ausgezeichneten Titel eingehen.

Doch beim heutigen Sonntagszitat geht es um ein wunderbares Jugendbuch, das zwar nicht mit dem Literaturpreis gekrönt wurde, das aber zur Liste der nominierten Bücher gehört. Ein Buch, das ich sowohl jungen Leserinnen und Lesern ab zwölf Jahren als auch einer älteren Leserschaft unbedingt ans Herz legen möchte. Der Titel mag ein bisschen unverständlich klingen, das Cover etwas eigenwillig wirken. Widmet man sich jedoch dem Inhalt und der großartigen Geschichte, wird beides – Titel und Cover – klarer und gewinnt immer mehr an Kontur. (Ein Aha-Erlebnis beim Lesen ist garantiert.)

Stefanie Höfler erzählt in ihrem zweiten Jugendroman „Tanz der Tiefseequalle“ die Geschichte von zwei Teenagern, die äußerlich absolut unterschiedlich sind. Während die aus Ägypten stammende Sera eine graziöse Schönheit ist, hat Nico etliche Pfunde zu viel auf den Hüften und sieht auf den ersten Blick alles andere als attraktiv aus. Und trotzdem – oder gerade deswegen – lernen sich die beiden kennen. Eine vorsichtige Freundschaft entspinnt sich zwischen Sera und Nico, eine Freundschaft, die langsam stärker und tiefer wird.

Aber: Funktioniert das überhaupt – mit einem übergewichtigen Jungen befreundet zu sein, der von fast allen gemieden und sogar gemobbt wird? (Diese Frage betrifft Sera.) Und: Würde sich so ein schönes Mädchen wie Sera tatsächlich und ernsthaft für einen wie Nico interessieren? (… fragt sich Nico.) Die Autorin gibt in ihrem Werk Antworten auf diese Fragen. Antworten, die weder billig noch abfertigend sind. Vielmehr nähert sich Frau Höfler dem Thema „Aussehen“ sowie der Fragestellung „Wie wichtig ist das äußere Erscheinungsbild?“ sehr feinfühlig, reflektiert und tiefsinnig. Sie verschweigt nicht, dass es schwere Menschen schwer haben im Leben und dass Nico nicht nur mit den Beleidigungen seiner Klassenkameraden zu kämpfen hat, sondern auch mit seinem Gewicht, seinem Aussehen, seinem Anderssein.

Als Sera nach einer konfliktären Situation vorschlägt, einfach abzuhauen, einfach die Flucht zu ergreifen, denkt Nico:

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Wer so aussieht wie ich, der kann nicht fliehen: Wohin auch immer ich fliehen würde, ich müsste meinen Körper mitnehmen. Und meinen Körper mitzunehmen, bedeutet unweigerlich, ungefähr alle Probleme mitzunehmen, die ich habe, und was für einen Sinn hat dann Flucht?

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Verlagsseite

Ob es Nico gelingen wird, seinen Körper und alle seine Probleme auch anzunehmen, erfährt man im Laufe des Buches. Es lohnt sich wirklich, in diesen Roman und diese Geschichte einzutauchen und der Tiefseequalle beim Tanzen zuzuschauen.

Ich wünsche euch eine wundervolle Woche – ohne Fluchtgedanken und voller Annahme! 🙂

Herzliche Grüße,

Tina
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Zitat zum Sonntag #86 aus: Die Katze und der General

 

book and penMorgen – am 8. Oktober 2018 – wird der diesjährige Deutsche Buchpreis verliehen; um 18.00 Uhr beginnt die Preisverleihung, um 18.55 Uhr wird die Gewinnerin oder der Gewinner bekannt gegeben. Ein spannendes Ereignis für viele Literaturliebhaber, ein aufregender Tag für die nominierten Autorinnen und Autoren.

Auch ich bin gespannt, welcher Titel der Shortlist in diesem Jahr ausgezeichnet wird. Zwar habe ich es nicht geschafft, alle sechs Bücher zu lesen, dafür habe ich aber die Meinungen und Rezensionen anderer Bloggerinnen und Blogger zu den Buchpreisbüchern mit Interesse verfolgt.

Außerdem lausche ich zur Zeit dem Hörbuch „Die Katze und der General“ – der Roman von Nino Haratischwili befindet sich ebenfalls auf der Shortlist. Bislang habe ich etwa ein Viertel des Hörbuchs gehört (immerhin 6 Stunden der 23,5 Stunden Laufzeit!) und ich mag die Geschichte von Schuld und Sühne, Krieg und Liebe; ich mag Frau Haratischwilis Schreibstil, der teils poetisch, teils pathetisch daherkommt. Und ich mag die kontroversen Charaktere, von denen ich noch nicht genau weiß, was von ihnen zu halten ist. Besonders die Protagonistin „Katze“ ist irgendwie faszinierend, obwohl sie zu Beginn des Romans ziemlich orientierungslos und ein wenig unsicher wirkt. Hier ein Zitat über sie, das ihren Charakter treffend beschreibt:

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Sie wollte so gern verloren gehen, frei von sich und den Erwartungen an sich selbst. Vielleicht war die größtmögliche Freiheit, erwartungslos zu werden; wunschlos, als wäre man ein Papierdrache an einem dünnen Faden in den Händen eines Kindes, das losrannte, immer schneller wurde und schließlich den Faden aus der Hand gleiten ließ.

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Hörbuchcover Haratischwili - Die Katze und der General

• Verlagsseite HörbuchfassungVerlagsseite Buchfassung •

Ich wünsche euch einen gemütlichen Abend, einen guten Start in die Woche und ich wünsche euch die Freiheit, unnötige und überhöhte Erwartungen an euch selbst abzustreifen und im positiven Sinne erwartungslos zu sein. Für alle, die die Buchmesse in Frankfurt besuchen werden: eine grandiose Zeit! Vielleicht begegnen wir uns irgendwo in den heiligen Hallen.

Seid herzlich gegrüßt,

Tina
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Zitat zum Sonntag #85 aus: „the sun and her flowers“ von Rupi Kaur

 

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Vor ein paar Tagen habe ich mit Erschrecken festgestellt, dass seit dem letzten Sonntagszitat bereits über ein halbes Jahr vergangen ist. Daher ist es nun wirklich an der Zeit, euch wieder ein buchiges Zitat vorzustellen – heute aus einem ganz besonderen Buch: „the sun and the flowers“, dem zweiten Titel von Rupi Kaur.

Rupi Kaur war mir schon länger ein Begriff. Ich wusste, dass die junge Kanadierin Gedichte schreibt und diese auf Instagram postet, dass sie aus Indien stammt und dass sie ihre Stimme erhebt für die Anliegen und Rechte der Frauen. Weiterlesen

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Zitat zum Sonntag #85 aus: Wie die Sonne in der Nacht / Antje Babendererde

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Antje Babendererde gehört zu meinen Lieblings-Jugendbuch-Autorinnen. Das liegt wahrscheinlich daran, dass es in ihren Romanen immer um fremdländische Kulturen und um das Reisen geht. Beides überschneidet sich nämlich ganz wunderbar mit meinen Interessen. Und wenn ich auch momentan nicht die Möglichkeit habe, weite und exotische Reisen zu unternehmen, so kann ich mich wenigstens mit Frau Babendererdes Büchern auf den Weg in die Welt machen.

Kürzlich habe ich mich wieder auf solch eine literarische Reise begeben – mit dem aktuellen Werk der Autorin „Wie die Sonne in der Nacht“. Ich habe die siebzehnjährige Mara begleitet, von Erfurt nach New Mexico. Bin ihr gefolgt, als sie dem Pueblo-Indianer Kayemo begegnet und gemeinsam mit ihm die Geheimnisse seines Stammes und seiner Vergangenheit erkundet. Weiterlesen

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Zitat zum Sonntag #84 aus: Sami und der Wunsch nach Freiheit

book and penIn dem bewegenden Jugendbuch „Sami und der Wunsch nach Freiheit“ erzählt der Schriftsteller Rafik Schami von Scharif und Sami – zwei Jungen, die in den Gassen von Damaskus auswachsen. Rafik Schami erzählt von ihrer unerschütterlichen Freundschaft, von den oft erschreckenden Abenteuern, die sie unter dem syrischen Regime erleben, von dem Widerstand, den syrische Kinder im Jahr 2011 leisten und: von ihrem unbändigen Wunsch nach Freiheit. Weiterlesen